Constantini / Ghedina (VI) Tofana di Rozes

Nach der Begehung der Demuthkante an der westlichen Zinne fahren Lisa, Laura und ich zur Tofana di Rozes um am nächsten Tag die 600m lange Route von Constantini / Ghedina zu erklimmen. Abermals stehen wir zeitig auf und sind weit vor jeglichem Rummel schon unterwegs. Der Einstieg ist leicht gefunden, denn man kann den zweiten Pfeiler (von rechts bzw. Osten gezählt) kaum verfehlen. Die erste Seillänge fällt uns für IV+ sehr schwer und lässt uns kurz Zweifeln. Ich klettere zusätzlich am ersten Stand rechts vorbei und habe somit an drei Klemmkeilen zu Beginn der zweiten Seillänge meinen Sicherungspunkt. Wir schieben die unerwarteten Schwierigkeiten auf die Müdigkeit durch den gestrigen Tag und machen weiter.

Die zweite Seillänge fühlt sich schon leichter an und ab der dritten passt der angegeben Schwierigkeitsgrad auch wieder zum Gefühl. Die vierte Seillänge ist sehr schön. Man klettert in einer wunderschönen, strukturierten, grauen Plattenwand. Am Ende der fünften Seillänge finde ich wieder den Stand nicht, wir kommen aber trotzdem etwas von rechts in die sechste Seillänge (VI). Diese ist recht anspruchsvoll, da kaum abgesichert und man sieht die wenigen Normalhaken oft erst aus der Nähe. Also heißt es weit klettern, ohne zu wissen, ob man richtig ist.

Der anschließende Quergang der siebenten Seillänge (ebenfalls VI) ist das Schaustück der Route. Ordentlich ausgesetzt quert man über einem Überhang ca. 35m nach links. Die Absicherung ist überraschend üppig und am Stand gegen Ende des Quergangs finden sich sogar Bohrhaken. Die Schwierigkeiten kommen mir trotz gleicher Bewertung in dieser Seillänge leichter vor als in der letzten.

Die achte Seillänge stellt uns dann vor ordentliche Orientierungsprobleme. Man quert um die Ecke und findet – egal wo man hin klettert – überall vereinzelt Normalhaken und Schlingen. Diese Seillänge und das Gelände danach sehen auch anders aus als wir es uns von der Topobeschreibung vorstellen. Ich klettere 30 Meter rauf, nach rechts, zurück, runter, abermals rechts, wieder runter, weit nach links, aber alles fühlt sich falsch an und einen Stand sehe ich auch nirgends. Schlussendlich entpuppt sich mein erster Weg als richtig und ich hätte am Umkehrpunkt nur noch über einen Überhang und die darüberliegende Wand drei bis vier Meter auf den nächsten Absatz klettern müssen.

Hier meine Beschreibung der 8. Seillänge: Vom Stand am Ende des Quergangs nach links um die Kante. Dann der schwach ausgeprägten, unterbrochenen Verschneidung leicht schräg links aufwärts bis zu einem großen Absatz unterhalb von Überhängen folgen. Hier nach rechts (gelber Haken) ca 2-3 Meter queren und dann gerade rauf über Überhang (schwer sehbarer Haken) und steile Wand (ca. 3-4 Meter) auf den nächsten Absatz (hier Stand). Die 9. Seillänge beginnt für 10 Meter in einer senkrechten, strukturierten Wand.

Nach diesen Umständlichkeiten haben wir glücklicherweise keine großen Orientierungsschwierigkeiten mehr, obwohl wir kaum noch vorhandene Absicherungen finden. Glücklich erreichen wir den Ausstieg und erhalten Einblick in eine unwirkliche Welt. Die Landschaft der Tofana di Mezzo könnte auch im Oman oder am Mars vorkommen. Sehr beeindruckend.

Fazit: Schöne, anspruchsvolle Route an der Kante des zweiten Tofanapfeilers. Bei der Absicherung ist oft Eigeninitiative gefragt und die Orientierung war nicht immer leicht. Der Quergang ist ein Traum – man genießt hier wunderbares Ambiente, wenn man mit den Füßen an der Oberkante eines Überhangs mit gewaltig Luft unter den Sohlen klettert.

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