Erstbegehung Mailenstein (VII-) Gesäuse

Als ich im Mai 2017 alleine ins Gesäuse fuhr um Wandfotos vor der Erstbegehung des Pythagoras anfzunehmen, stach mir eine weitere Linie in der Planspitze NO-Wand ins Auge. Schnell durchblätterte ich den Xeis-Extension Führer und stellte voller Freude fest, dass noch keine Route dieser Linie folgte. Diese geht durch eine große Verschneidung im unteren Wandteil (vor der großen Terrasse) und nimmt sich des darüberliegenden Pfeilers im oberen Teil an. Von Anfang an war klar, dass zumindest der untere Teil leichter wirkt als der Pythagoras, aber wir entschieden uns trotzdem gleich in die Hochzinödl Nordwand einzusteigen – nicht dass jemand den Pythagoras vor uns erstbegeht. 😉

Ein Jahr später fuhr ich wieder alleine ins Gesäuse – mit 60 Bohrhaken (BH) und 4.5l Wasser im Gepäck und stieg zum Einstieg unserer zweiten Route auf. Dabei umging ich die erste Seillänge und deponierte das Gepäck beim ersten Stand. Drei Tage später war ich abermals alleine dort. Dieses Mal mit Bohrmaschine und Seil. In erster Linie hatte ich vor am Zustieg eine Seilversicherung einzurichten, die uns vor allem den Abstieg erleichtern soll, falls wir erwartungsgemäß nicht an einem Tag durch die Wand kommen. Da ich schon vor Ort war, stieg ich weiter auf und in die erste Seillänge ein. Im Vorstieg, mit der Bohrmaschine, solo, aber gesichert. Es lief so gut, dass ich beschloss auch die zweite Seillänge in selbiger Manier zu versuchen. Weiterhin ging alles super und so passierte es, dass ich an diesem Tag die ersten drei Seillängen durchstieg.

Zwei Wochen später komme ich dann mit Verstärkung – in der Person von Roman – zurück. Dieser übernimmt die vierte Seillänge. Beim 3. BH klettert er zuerst nach links hinauf um dann festzustellen, dass der erwartete Hangel eher nur ein Schrofenband ist. Gut, dass Roman auf Paul Preuß gehört hat… „du sollst nur etwas hinhauf klettern, dass du auch wieder abklettern kannst“. Also wieder zurück und auf die andere Seite des Kamins. Dort ist der Fels wesentlich kompakter, aber doch mit Leisten, Löchern und Henkeln gespickt, die man erst aus der Nähe sieht. Alles löst sich super auf und schon bald steige ich wieder vor. Zuerst im Kessel und dann in die große Verschneidung. Ich klettere das Seil ziemlich aus – vor allem auch, weil ich der Hoffnung bin, dass wir dann in nur einer weitere Seillänge das Ende der Verschneidung erreichen können.

Auch die nächste Seillänge steige ich vor und lasse die mobilen Sicherungsmittel gleich am Stand. Schon in den letzten zwei Seillängen haben wir nichts untergebracht und so bin ich zumindest leichter. Die Verschneidung ist weiterhin sehr schön und nicht all zu schwer. Als der Weiterweg wegen Nässe – es wirkt so, als ob es dort immer nass wäre – nicht einlädt, weiche ich nach links aus und finde in den kompakten Platten eine super Schuppe, die mich zu einem Piazriss und der bis dato schwersten Stelle (VII-) bringt. Den Stand bohre ich darüber auf einem breiten, etwas ausgesetztem Band. Danach übernimmt Roman und bringt uns in zwei Seillängen zur Terrasse, die wir noch etwas aufwärts klettern um den Pfeiler zu sehen. Dieser sieht unten einfach und gut strukturiert aus – weiter oben aber schon ganz schön steil – wir werden sehen. An dieser Stelle drehen wir wie geplant um und seilen ab. Der Wetterbericht hatte Regen für den Nachmittag gemeldet und es beginnt schon zuzuziehen. Diese Entscheidung entpuppt sich als richtig, denn als wir wieder am Wasserfallweg ankommen, beginnt es zu tröpfeln und kurz vor dem Auto zu regnen.

Wieder zwei Wochen später vereinbaren Markus, Roman und ich Freitag abends, dass wir am nächsten Morgen um 5:00 von Graz aufbrechen um die Erstbegehung abzuschließen. In Eisenerz zeigt sich das Wetter von seiner schönsten Seite – strahlend blau. Im Gesäuse selbst hängt der Nebel und am Zustieg sind viele Felsen nass. Die ersten beiden Seillängen sind großteils auch nass und als wir die Nebelgrenze erreichen, sehen wir, dass auch die große Verschneidung nicht gerade trocken ist. Aber wir sind hier um oben aus der Wand auszusteigen – also was solls. Trotz Nässe steigen wir alles durch und erreichen nach vier Stunden den Pfeiler. Roman übernimmt die erste Seillänge. Wir folgen einem Band rechts aufwärts um die Ecke und klettern durch eine Verschneidung zum ersten Stand am Pfeiler.

Ich komme in der nächsten Seillänge wieder zum Zug. Ganz knapp über dem Stand bricht eine Schuppe, die ich während meines Sturzes gerade noch zurückdrücken kann, sodass sie uns am Stand nicht trifft. Mein erster (sehr kurzer) Standsturz, der auf Romans Schoss endet. Nichts passiert, aber dem Fels schenke ich nun nur nach ausgiebiger Kontrolle vertrauen. Zwischen 1. und 2. BH ist der Fels recht brüchig und so muss ich drüber klettern um wieder festen Fels für den nächsten BH zu finden. Nach der festen Steilstufe gehts in leichtem Gelände weiter.

Da Roman sich seit der zweiten Seillänge nicht gerade fit fühlt und Markus sich das gute Vorstiegsgefühl nicht verhauen möchte, bleibt es an mir uns aus dieser Wand zu bringen. Die dritte Pfeilerlänge beginnt mitunter sehr brüchig und ist moralisch etwas anspruchsvoll. Kurz überlege ich schon, ob das Weiterklettern überhaupt Sinn macht, doch dann wären wir eher nicht mehr hier her gekommen. Die BH-Abstände werden nicht all zu weit und beim sechsten BH wird der Fels – Gott-sei-Dank – wieder fest. Die Seillänge ist zum Teil steil und überrascht mich im oberen Teil mit Henkeln und ganz schöner Kletterei.

Die vierte Pfeilerlänge beginnt steil in festem, rauhem Fels. Danach folgen wir dem leichtesten Weg links aufwärts. Hier sieht es abermals brüchig aus, ist aber deutlich fester als erwartet. Nach einem kurzen Wiesenstück und einer leichten, plattigen, kompakten Rampe setze ich den Stand auf einem etwas ausgesetzten Podest knapp unterhalb des Ausstiegs. Ein paar Meter links aufwärts und einen BH später haben wir den Ausstieg und Wald erreicht (Stand bei Baum) – es ist 19:00. Die Freude ist groß, dass wir die Wand durchstiegen haben. Wir hätten schon ein Wandbuch mit zwei Schnapserl für die ersten Wiederholer dabei gehabt. Dieses haben wir aber im Rucksack gelassen und gönnen uns den Zirben selber – als Belohnung für die Durchsteigung des Pfeilers. 😉 Danach ist der Wanderweg schnell gefunden (einfach waagerecht durch den Wald) und in 1.5h sind wir wieder beim Auto.

Fazit: Die Erstbegehung des unteren Teiles hat uns große Freude bereitet. Der Fels ist super, die Kletterei macht Spaß. Die Absicherung ist für Gesäuseverhältnisse auch gut. Nur in der fünften Seillänge habe ich ein kleines Runout (nicht ganz beabsichtigt) eingebaut. Im oberen Teil lässt die Felsqualität leider deutlich nach und es ist in Teilen der zweiten Pfeilerlänge (vor allem zwischen 1. und 2. BH) brüchig und in der ersten Hälfte der dritten Pfeilerlänge teilweise sehr brüchig und nicht ungefährlich. Sollte jemand diesen Ausstieg wiederholen wollen, so empfehle ich, dass der Vorsteiger über den Dingen stehen sollte und eine gute Moral mitbringt. In der dritten Länge ist eine kurze Querung auch für den Nachsteiger zwingend. Trotz des abenteuerlichen Ausstiegs überwiegt bei uns die Freude über eine weitere Erstbegehung. Wir teilen die Gesamtroute in zwei Teile und werden den unteren Teil (Name: Mailenstein) auch zum abseilen einrichten, denn dieser Teil ist wirklich schön zu klettern.

Update: Die Erstversion des Topos kann hier heruntergeladen werden. Stand:25.6.2018.

Erstbegeher: Mario Rohrhofer, Roman Weilguny, Markus Kaltenegger (Mai 2018)

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s