Dies ist der zweite Teil der Erstbegehungsgeschichte unserer Route in der Hochzinödl Nordwand. Der erste Teil findet sich hier.
Tag 5
Nach Tag 4 vergehen drei Wochen ohne stabiles Wetter. Entweder hat es gerade erst geregnet, oder soll gleich wieder regnen. Luki und ich nützen zwar ein kurzes Wetterfenster für die 60plus, aber an Einbohren ist nicht zu denken. Ende Juli wird es dann endlich stabiler und ein Hoch breitet sich über Österreich aus. Dieses gilt es zu nützen und so fahren Roman, Markus und ich am dritten schönen Tag abends wieder ins Gesäuse. So war genug Zeit, dass alles trocknet und Dienstag soll auch ganz stabil werden. Dieses Mal steigen wir schon abends zum Einstieg auf um dort zu biwakieren und so Zeit und Energie zu sparen.
Um 4:30 läutet der Wecker und um 5:30 beginne ich die ersten zwei Seillänge zu jümarn. Roman übernimmt wieder die dritte und vierte Seillänge, Markus die nächsten zwei. Die Schlüssellänge steige wieder ich vor und erreiche binnen Kürze den Stand. Diese lässt sich nun größtenteils A0 klettern. Danach startet Roman mit der ersten neuen Seillänge. Nach wenigen Metern wird das Gestein relativ brüchig und Roman muss vorsichtig klettern. Da die Route weiterhin nach links zieht kann er auch ein paar lose Brocken ohne uns zu gefährden aus der Wand befördern. Dort wo wir uns gedacht haben die Seillänge zu beenden ist ein Stand nicht sinnvoll. Also geht es noch ein paar Meter weiter und somit überklettert Roman auch die vermeintlich letzten Schwierigkeiten (ein Überhang im VI. Grad). Vom Stand aus sieht er schon die leichter aussehenden Ausstiegslängen. Das hebt die Moral von Markus und mir. Markus steigt als zweiter nach und hat die Aufgabe alles lose Gestein aus der Seillänge zu entfernen – beim späteren Abseilen habe ich diese Länge teils kaum wieder erkannt.
Wir haben das 20-30m hohe brüchige Band, das sich durch die ganze Wand zu ziehen scheint, nun überwunden und der Fels ist von hier an hervorragend. Gesäusetypischer rauher Kalk, fast ausschließlich bombenfest und sehr gutgriffig, sodass wir von hier an recht schnell vorankommen. Die neunte Seillänge übernehme ich und klettere bis auf den letzten Meter das Seil aus. Die Kletterei macht hier echt Spaß – steil, griffig, rauh und nicht schwerer als V-. Da kommt Freude auf. In der zehnten Seillänge steigt erstmals Markus vor und macht nach 30 Metern unterhalb eines Steilaufschwungs Stand. Diesen klettere ich wieder als erstes. Glücklicherweise hält der Fels einige große Leisten für mich bereit und gegen Ende erreicht man über eine henkelige Passage das leichtere Gelände. Nach einer Linksschleife überklettere ich ganz rechts einen weiteren Aufschwung und mache nach einem kurze Schrofenstück Stand. Ich kann jetzt schon das Ende der Wand sehen und die Freude ist groß. Von hier steigt Markus die letzten 25 leichten Meter ohne Bohrmaschine und Friends vor und erreicht als erstes den Ausstieg unserer Tour (Stand bei Baum). Binnen Kürze sind auch Roman und ich am letzten Stand. Wir haben es geschafft! Die Wand ist auf einer neuen Route durchklettert!
Vom Ausstieg aus könnte man auf das Hochzinödl weiter aufsteigen. Wir seilen aber geplanterweise ab und statten alle Stände mit Kettengliedern und Schlingen aus. Als Roman die achte Seillänge abseilt, setzt er noch einen weiteren Bohrhaken. An dieser Stelle hat Markus den ganzen brüchigen Trittstock aus der Wand befördert und wir sind uns nicht sicher, ob die Stelle nun noch einfach zu überwinden ist. Hilfts nix, schadets nix… Danach erreichen wir den siebenten Stand und die bereits eingerichtete Abseilpiste. Dieses Mal – ohne auf den schnell näher kommenden Regen zu warten – ist die luftige Abseilfahrt weit entspannter. Mag aber vielleicht auch daran liegen, dass die Abseilpiste schon gebohrt ist. Überglücklich aber geschafft erreichen wir heute nach 12.5 Stunden wieder den Wandfuß. Nach einer kurzen Jause geht es sehr zufrieden zurück zum Parkplatz und nachhause.
Fazit: Es war ein Abenteuer für uns. In der Wand ist einmal die Bemerkung gefallen: „Das ist eine wilde Tour in einer wilden Wand. Und auch das Abseilen ist wild.“
Update: Wir kehrten im September noch einmal zurück um die Schlüsselstelle zu befreien und die Tour durchgehend ohne schwerem Gepäck zu begehen. Bilder dieser Begehung und auch das Topo finden sich hier.
2 Gedanken zu “Erstbegehung Pythagoras (2/2)”